EKOCAN-Zwischenbericht 2025: Was die Daten für Dich als Patient bedeuten
2025-09-30
Die erste EKOCAN-Auswertung zur Teilevaluation des Cannabisgesetzes (CanG) liegt vor – und sie liefert endlich belastbare Größenordnungen statt Bauchgefühl. Kurz gesagt: Der legale Versorgungsweg gewinnt an Gewicht, die Preise in Apotheken fallen, Jugendschutzindikatoren kippen nicht ins Negative und Polizei/Justiz werden spürbar entlastet. Gleichzeitig zeigt der Bericht, wo die Grenzen der Datenlage heute noch liegen – und warum Schnellschüsse politisch kaum zu rechtfertigen sind. In diesem Artikel bekommst Du den roten Faden durch Zahlen, Trends und Konsequenzen für Deine Versorgung. (Vorabfazit der Forschenden: „kein dringender Handlungsbedarf“ am KCanG – Interpretationen bleiben vorläufig, aber robust genug für klare Tendenzen.)
EKOCAN: wer evaluiert hier eigentlich?
Der Zwischenbericht kommt nicht „einfach so“ aus einem Ministerium, sondern aus dem Forschungsprojekt EKOCAN („Evaluation des Konsumcannabisgesetzes“). Dieses Projekt wurde gesetzlich im § 43 KCanG verankert und läuft von 2024 bis 2028. Federführend sind die Universität Hamburg (UKE), die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Universität Tübingen, die gemeinsam Daten aus Gesundheit, Kriminalität, Jugendschutz und Markt zusammentragen.
Auftraggeber ist die Bundesregierung – konkret das Bundesgesundheitsministerium (BMG) -, und die Ergebnisse gehen direkt in die politische Entscheidungsfindung ein.
Wichtig: EKOCAN arbeitet unabhängig und wissenschaftlich, die Forschenden machen klar, dass es sich hier um eine deskriptive Zwischenbilanz handelt. Der Bericht ersetzt keine Politik, er liefert die Datenbasis, auf der in den kommenden Jahren entschieden werden soll, ob nachjustiert werden muss.
Für Dich bedeutet das: Der erste EKOCAN-Zwischenbericht ist die Referenz, wenn es darum geht, ob die Reform wirkt oder nicht. Alle Debatten – ob zu Preisen, Jugend, Clubs, Telemedizin oder Polizei – werden sich an diesen Berichten messen müssen.
Der Markt in Zahlen: Angebot wächst - legaler Anteil wird sichtbar
EKOCAN rechnet für 2024 mit einem Gesamtbedarf von 670-823 Tonnen (Konsum + MedCan). In den zwölf Monaten nach dem 1. April 2024 wurden ~96,9 Tonnen Medizinalcannabis bereitgestellt: 2,6 t aus deutschem Anbau (lizenzbedingt gedeckelt) plus 102,226 t Import abzüglich 7,969 t Export. Daraus folgt ein Marktanteil von ca. 12-14 % für den MedCan-Kanal – bemerkenswert für Jahr eins nach der Reform.
Den Schub trägt vor allem der Import: in den vier Quartalen nach Inkrafttreten verdreifacht (32,764 t → 102,226 t), während die Inlandsproduktion bei 2,6 t/Jahr bleibt. Netto-Supply steigt, der legale Kanal wird real – nicht nur rhetorisch.
Preise & Qualität: Apothekenpreise sinken - und die geprüfte Ware punktet
Parallel zum Angebotsanstieg zeigt die EKOCAN-Preismessung in zwei großen Online-Apotheken einen klaren Trend: In Apotheke 1 fällt der Durchschnittspreis von 9,46 €/g (08/24) auf 7,14 €/g (07/25); Apotheke 2 bewegt sich von 10,49 auf 9,80 €/g. Für Dich heißt das: Planbarer Zugang und weniger Kostendruck – insbesondere bei kontinuierlicher Therapie.
Auch inhaltlich sendet der legale Kanal ein Qualitätssignal: Medizinalcannabis weist im Schnitt höhere THC-Konzentrationen auf als Schwarzmarktware; zugleich deutet das Preis-Monitoring darauf, dass MedCan im Durchschnitt günstiger ist als Clubs, Social-Supply oder der Schwarzmarkt (Mitgliedsbeiträge der Clubs nicht eingerechnet). Mehr Qualität bei sinkendem Preis – genau das schwächt illegale Wege.
Und ja: Clubs sind nicht automatisch günstiger. EKOCAN hat Mitgliedsbeiträge und Beitragsmodelle aus 47 Vereinen ausgewertet. Erstes Jahr: 108-500 € (Ø 243 €) – ohne Produkt. Für 10 g werden Beiträge zwischen 50 und 95 € fällig (Ø 71,5 €). Das mag für manche passen – Marktgewicht hat es aktuell nicht.
Bezugsquellen verschieben sich: Apotheke vorn, Clubs ohne Marktgewicht
In der EKOCAN-Befragung nennen Konsumierende Apotheken als Hauptbezugsquelle (43,7 %), vor Eigenanbau (35,1 %), Social-Supply (9,0 %), Clubs (6,1 %) und illegalen Quellen (6,1 %). Für die Versorgungslage heißt das: Der Gesundheitskanal wird zur normalen Adresse – mit transparenter Dokumentation und verlässlicher Qualität.
Die viel diskutierten Cannabisclubs spielen dagegen praktisch keine Rolle: Ihr Anteil lag 2024 bei < 0,1 %. Für eine spürbare Marktdeckung bräuchte es tausende funktionsfähige Vereine – realistisch also kein kurzfristiger Hebel zur Schwarzmarktverdrängung. Relevanztreiber sind Preis & Zugang – und die liegen aktuell bei Apotheken.
Jugendschutz & Gesundheit: Keine Alarmzeichen, aber hinschauen bleibt Pflicht
Die Wissenschaftler finden keine negative Trendumkehr beim Jugendschutz: Jugendkonsum ist seit 2019 rückläufig – die Teillegalisierung erzeugt keinen Sprung nach oben. Bei Erwachsenen zeigen die Daten keinen abrupten Trendbruch; es gibt Hinweise auf einen leichten, abrupten Anstieg akuter Gesundheitsprobleme nach Konsum, was Monitoring & Aufklärung weiter wichtig macht.
Kriminalität & Vollzug: Entlastung ist real - und sie schafft Ressourcen
Das polizeiliche Hellfeld cannabisbezogener Delikte ist deutlich geschrumpft (Größenordnung -60 % bis -80 %). Das ist nicht bloß Statistik-Kosmetik: Wenn weniger Bagatellen verfolgt werden müssen, gewinnen Polizei & Justiz Luft für schwerere Kriminalität. Für Dich im Alltag bedeutet das: weniger Reibung rund um Konsum – bei aller Klarheit, dass die Grenzen des Erlaubten weiter gelten.
Was (noch) unklar bleibt: Datenlücken ehrlich benennen
EKOCAN betont selbst: Es ist ein früher Zwischenstand. Private Eigenanbaumengen sind derzeit nicht seriös zu beziffern; Social-Supply verbindet legale und illegale Ursprünge und ist schwer sauber zu trennen. Für die Ursprungsquellen lassen sich derzeit nur MedCan (9-13 %) und Clubs (< 0,1 %) zuverlässig quantifizieren. Die illegale Produktion bleibt relevant – wie groß genau, ist noch offen. Kurz: Die Richtung stimmt, die Auflösung wird mit weiteren Wellen schärfer.
Was die Daten sagen
Wenn man alles nebeneinanderlegt, entsteht ein klares Bild:
- Der legale Kanal wächst kräftig. In zwölf Monaten ~97 t Medizinalcannabis – 12-14 % Marktanteil ist für Jahr eins eine Marke. Dieser Weg zieht, weil Angebot da ist und Preise runterkommen.
- Jugendschutzindikatoren kippen nicht. Der seit 2019 laufende Rückgang setzt sich fort; kein Frühwarnsignal einer „Post-Reform-Explosion“. Prävention bleibt wichtig, aber Panik passt nicht zu den Daten.
- Vollzug wird entlastet. Ein kleineres Hellfeld ist kein Schönrechnen, sondern ein gewonnenes Atemholen für Polizei & Justiz.
- Datenlücken gibt’s – offen benannt. Eigenanbau-Mengen sind derzeit nicht seriös bezifferbar; Social-Supply mischt legal und illegal. EKOCAN macht daraus keinen Dramafilm, sondern Sauberkeit in der Begrifflichkeit.
- Kein dringender Änderungsbedarf. Genau so lautet die Zwischenlinie der Forschenden – weiter beobachten, nicht politisch überdrehen. Das ist die wichtigste Botschaft für die nächsten Monate.
Einordnung & Fazit: was Du jetzt mitnehmen solltest
Unter dem Strich zeichnet EKOCAN ein nüchtern positives Bild: Der legale Markt wächst messbar, Preise sinken, Jugendschutz kippt nicht, Vollzug wird entlastet. Gleichzeitig gibt es keinen Grund für Aktionismus – „kein dringender Änderungsbedarf“ am KCanG ist die vorsichtige, aber klare Schlusslinie dieses Zwischenstands. Für Dich heißt das:
- Bleib im legalen Kanal: Qualität (Labor, Chargensicherheit) und fallende Preise sprechen für die Apotheke – besonders bei Dauerversorgung.
- Erwarte graduelle Schwarzmarkt-Verdrängung statt Wunder über Nacht: Internationale Erfahrungen (z. B. Kanada) zeigen einen mehrjährigen Pfad hin zu dominanten Legalanteilen – und Deutschland liegt nach Jahr 1 mit ~12-14 % im Rahmen dessen, was realistisch ist.
- Setz auf Information statt Mythen: Jugendschutz bleibt stabil, akute Risiken gehören aufgeklärt – nicht dramatisiert. Monitoring geht weiter, und das ist gut so.
Wie MCOS Dich jetzt unterstützt
Du bekommst bei uns strukturierte Anamnese, ärztliche Indikationsprüfung und Apotheken-Wahlfreiheit – mit Transparenz bei Sorten & Preisen und Updates, sobald neue Evaluations- und Rechtsstände die Versorgung betreffen.
Ziel: Dein bestmöglicher Zugang – sicher, nachvollziehbar und bezahlbar.